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Hör mal Kunst! – Ein Audio Guide von Jugendlichen
© Pfalzgalerie Kaiserslautern 

Hör mal Kunst! – Ein Audio Guide von Jugendlichen

2019

Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern

Welche Bildsprache und welche Themen finden sich in der Kunst – und was hat das mit mir zu tun? Wie wird ein Museum besonders für Jugendliche und junge Erwachsene lebendig? 30 Schüler*innen einer 12. Klasse des Albert-Schweitzer-Gymnasiums Kaiserslautern gingen gemeinsam im mpk auf die Suche nach Antworten und dokumentierten neu erworbenes Wissen, eigene Gedanken und Ideen in auditiver Form. Das Ergebnis eines viermonatigen Arbeitsprozesses ist ein außergewöhnlicher Audio Guide.

 

„Hör mal Kunst!“ heißt das Projekt. Beraten und unterstützt wurden die selbstständig arbeitenden Schüler*innen während des gesamten Arbeitsprozesses von Expert*innen aus dem Bereich Kunst, Theater und Medien. Das Ziel: Kunstwerke aus der ständigen Sammlung in einer Audioaufnahme vorzustellen. Eine wichtige Voraussetzung hierbei war die Partizipation der Schüler*innen, deren Wahrnehmung und Auseinandersetzung mit den Kunstwerken – in Form von Begeisterung, Kritik, Skepsis oder Provokation – von Anfang an das Projekt maßgeblich mitbestimmt und gestaltet hat. Die Herausforderung: Die Kunstwerke lebendig werden lassen und die Besucher*innen im Prozess der Entwicklung eigener Assoziationen und Geschichten zu den Werken informierend zu unterhalten.

 

In einer gemeinsamen ersten Kennenlernrunde halfen Mindmaps zu unterschiedlichen Kunstgattungen und Stilrichtungen, die Interessensgebiete der Teilnehmenden zu benennen, Begrifflichkeiten in diesem Zusammenhang zu klären und über die bevorstehende Aufgabe zu sprechen. Im Anschluss bewegten sich die Schüler*innen ohne besondere Vorkenntnisse der Werke in Kleingruppen von drei bis fünf Personen durch die ständige Ausstellung, um gemeinschaftlich jeweils ein Kunstwerk auszuwählen, insgesamt acht Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Skulptur und Kunsthandwerk. Obwohl die Auswahl der Objekte und auch die Meinungen der Teilnehmenden zur Institution Museum sehr unterschiedlich ausfielen, waren alle bereit, sich für das Audio Guide-Projekt zu engagieren und sich auf einen eigenverantwortlichen, selbstreflexiven Arbeitsprozess einzulassen.

 

Nachdem jede Gruppe ein Werk ausgewählt hatte, stand den Beteiligten zunächst bewusst kein kunsthistorisches Informationsmaterial zur Verfügung. Der Fokus lag auf der Wirkung der Arbeiten. Was finde ich daran interessant? Wie wirken die Farben, das Motiv oder die Komposition? Was verbinde ich mit dem Werk, welche Gedanken kommen mir dazu und was möchte ich dazu sagen? Diese und ähnliche Fragen waren Ausgangspunkt des weiteren Arbeitens, das direkt an die Interessen und Lebenswelt der Schüler*innen anknüpfte. Daraus entwickelten die Gruppen im gemeinsamen Brainstorming erste Ideen für ihre jeweilige Tonaufnahme. Um ein Gefühl für geeignete Sprache zur Audio Guide-Aufnahme zu bekommen, wurde jedes Team mit einer spontanen Sprechübung vor seinem Werk beauftragt: Das jeweils ausgewählte Kunstwerk sollte den Klassenkamerad*innen unter einer bestimmten sprachlichen Voraussetzung kurz präsentiert werden. Zu diesen Voraussetzungen gehörten: übertreiben, lästern, nüchtern informieren, ohne Fremdwörter beschreiben, fragen, metaphorisieren und Dialekt sprechen. Durch dieses Training war es den Schüler*innen möglich, unmittelbar nachzuvollziehen, wann sie einem Gespräch gut folgen können und welche Sprechart schwierig verständlich oder weniger spannend beim Zuhören war. Im nächsten Arbeitsschritt beschäftigten sich die Schüler*innen unter beratender Unterstützung der Kunsthistorikerinnen Sabrina Wilkin und Dr. Claudia Gross mit Fachliteratur zu den jeweils ausgewählten Werken. Die Teilnehmenden ergänzten hier ihre bisherigen Ideen zu den Kunstwerken mit Hintergrundwissen und Fakten. Davon ausgehend erarbeiteten die Gruppen eigenverantwortlich Skripte für spätere Tonaufnahmen, die neben Regieanweisungen für die gruppenintern gewählten Sprecher auch Anweisungen zu Soundeffekten und Hintergrundmusik enthielten. Um das Sprechen und geeignete Betonung zu trainieren, wurden die Schüler*innen zudem von Theaterpädagogin Jenny Theobald in mehreren Workshops auf die Aufnahme vorbereitet. Im Klassenverband beteiligten sich alle Schüler*innen mit großem Spaß und Eifer an den Übungen, die neben Sprachfähigkeiten auch Teamwork und Improvisationsvermögen schulten.

 

Anschließend vertonten die Schüler*innen ihre Skripte unter Anleitung des Medienpädagogen Matthias Kuhn, ergänzten Geräusche und Musik und schnitten alles zu Audio-Dateien zusammen. Das Ergebnis sind spannende, witzige, unheimliche und ungewöhnliche Hörerlebnisse zu den Kunstwerken: von Gruselgeschichten, einem gereimten Dialog à la Shakespeare oder der Erzählung einer furchtlosen Kriegerin bis hin zu einem sprechenden Alpensee, der sich zum Thema Umweltschutz äußert. Vereint bilden sie einen besonderen Audio Guide, der ab sofort für alle BesucherInnen im mpk kostenfrei zur Verfügung steht.

 

Warum ein Audio Guide? Neu ist diese Art der auditiven Vermittlung in Museen sicherlich nicht, ihr Potenzial ist allerdings groß und noch nicht ausgeschöpft. Lebendige Audioaufnahmen, die mithilfe von Stimmen, Geräuschen und Musik nicht ausschließlich informieren, sondern auch unterhalten und im Gedächtnis bleiben, bieten ein breites Spektrum an gestalterischen Möglichkeiten. Besonders geeignet erscheint die Form des Audio Guides für die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, da er den visuellen Eindruck – das Betrachten eines Kunstwerks – erweitert und dabei den Betrachter*innen trotzdem noch Raum für eigene Gedanken und Überlegungen lässt.

 

Das Projektkonzept wurde maßgeblich beeinflusst durch den fachlichen Input und Austausch mit Kolleg*innen aus dem und über den Bereich der Kunstvermittlung hinaus. Dies geschah vornehmlich im Zuge des umfangreichen Fortbildungsprogramms von lab. Bode – Initiative zur Stärkung der Vermittlungsarbeit in Museen. Mit einem Augenmerk auf Erwartungen und Wünsche zukünftiger Besucher*innen hat der Audio Guide das Ziel, unter Einbeziehung der Interessen junger Menschen Schnittstellen zwischen zum Teil jahrhundertealter Kunstwerke und unserer heutigen Lebenswelt sichtbar zu machen.

 

 Schule: Albert-Schweitzer-Gymnasiums Kaiserslautern

30 Schüler*innen einer 12. Klasse

Projektleitung: Sabrina Wilkin

 

Workshopleitung:

Dr. Claudia Gross

Jenny Theobald

Matthias Kuhn